Frei nach Paul Watz­la­wick: Man kann nicht, nicht kom­mu­ni­zie­ren. Genau­so ver­hält es sich mit der Feed­back­kul­tur in einem Unter­neh­men — man kann nicht nicht Feed­back geben. Jedes Unter­neh­men eta­bliert sei­ne eige­ne Kul­tur im Feed­back geben und neh­men. Im bes­ten Fall ist dies ein akti­ver gemein­sam gestal­te­ter Pro­zess, der auf allen Sei­ten Ver­trau­en schafft, Moti­va­ti­on erhält und durch kon­struk­ti­ve Hin­wei­se rund um Stär­ken und Schwä­chen Ent­wick­lun­gen der Mit­ar­bei­ter för­dert und so für ein offe­nes, Ver­trau­en för­dern­des Unter­neh­mens­kli­ma sorgt. 

Mareen Ilg­ner und Nico­le Schog, erfah­re­ne Kom­mu­ni­ka­ti­ons­trai­ne­rin­nen in der Agen­tur für Freund­lich­keit berich­ten im Inter­view mit Bian­ca Geur­den über ihre Erfah­run­gen aus der Pra­xis in Unter­neh­men. Dort zei­gen sich zeit­wei­se Kon­flik­te im All­tag, die auf eine feh­len­de oder schwach ent­wi­ckel­te Feed­back­kul­tur als Grund­la­ge hin­deu­ten können.

Alter­na­tiv zum Text­bei­trag fin­den Sie das Inter­view hier als Tonspur.

Bian­ca Geur­den: Herz­lich Will­kom­men zu unse­rem Inter­view zum The­ma Feed­back­kul­tur in Unter­neh­men! Mareen, war­um ist das The­ma Feed­back­kul­tur so bedeut­sam und war­um lohnt es sich für Unter­neh­men, eine Feed­back­kul­tur zu entwickeln?

Mareen Ilg­ner: Eigent­lich müss­te man sagen, dass jedes Unter­neh­men schon eine Feed­back­kul­tur hat, denn ein Aus­tausch fin­det immer in irgend­ei­ner Form statt: Ent­we­der ver­bal, d.h. es wird dar­über gespro­chen, oder auch häu­fig non­ver­bal – durch die Art und Wei­se, wie Din­ge gesche­hen oder wie sie in Mee­tings kör­per­sprach­lich kom­men­tiert wer­den. Irgend­ei­ne Form von Feed­back­kul­tur hat sich meis­tens schon eta­bliert und sei es das Schwei­gen. Genau des­we­gen ist es so wich­tig, dar­auf zu schau­en, dass sich die­se Feed­back­kul­tur, so wie Du schon sag­test, ent­wi­ckelt und zwar in eine posi­ti­ve Rich­tung. Erst dann ist sie für Unter­neh­men erfolg­reich, bewirkt Gutes.

Bian­ca Geur­den: Wor­an ist bemerk­bar, dass es sich um eine posi­ti­ve, eine gute Feed­back­kul­tur in einem Unter­neh­men handelt?

Nico­le Schog: Eine gute Feed­back­kul­tur zeich­net sich zum einen dadurch aus, dass sie wirk­lich gemein­sam aktiv und von allen mit­ge­stal­tet wird. Sie pas­siert nicht nur ein­fach, son­dern wird wirk­lich erar­bei­tet: Wofür wol­len wir eine Feed­back­kul­tur nut­zen? Wie wol­len wir eine gemein­sa­me Basis legen? Zum ande­ren ist es sehr wich­tig, dass es eine Aus­ge­wo­gen­heit zwi­schen Wert­schät­zung und Kri­tik gibt. Das heißt, dass Feed­back nicht nur dazu genutzt wird, Kri­tik zu äußern, aber auch nicht nur Wert­schät­zung oder Lob­hu­de­lei betreibt. Es soll­te eine Aus­ge­wo­gen­heit ange­strebt werden.

Bian­ca Geur­den: Du bist Stär­ken­coach in der Agen­tur für Freund­lich­keit. Das heißt, Du siehst auch einen star­ken Zusam­men­hang zwi­schen einer posi­ti­ven Feed­back­kul­tur und einer vor allem auch stär­ken­ori­en­tier­ten Unternehmenskultur?

Feedbackkultur, Feedback, Geschenk

Nico­le Schog: Ja, defi­ni­tiv, denn das ist etwas, was wir im All­tag nicht ein­fach so machen. In einer Kul­tur, in der sich wert­schät­zen­des Feed­back gege­ben wird, wird gleich­zei­tig ver­mit­telt, wie ich die Stär­ken des Ein­zel­nen wahr­neh­me und wo ich einen star­ken Zusam­men­hang zwi­schen sol­chen und dem Erfolg sehe. Füh­rungs­kräf­te geben ihren Mit­ar­bei­tern zu erken­nen, in wel­chen Punk­ten sie gut und stark sind und wie sie hier­durch auf den Erfolg des Teams und des Unter­neh­mens ein­zah­len. Die­sen Zusam­men­hang stel­len wir Men­schen von uns selbst aus nicht so trans­pa­rent her. Das zu sehen und zu hören, bringt Teams voran.

Mareen Ilg­ner: Man muss immer dazu sagen, dass Feed­back fast immer auch einen Effekt auf die Ent­wick­lung von Men­schen hat. Wenn man hört, wie die eige­nen Tätig­kei­ten und die Leis­tung auf ande­re wir­ken, kann man sich wesent­lich wei­ter­ent­wi­ckeln. Erst dann kommt man wei­ter und kann sich mes­sen. Das gilt sowohl für posi­ti­ves und stär­ken­ori­en­tier­tes Feed­back als auch für kon­struk­ti­ve Kri­tik. So bringt man das Unter­neh­men durch Feed­back eigent­lich immer voran.

Bian­ca Geur­den: Der ers­te Schritt dabei wäre, sich vor­zu­neh­men, offen mit­ein­an­der ins Gespräch zu tre­ten. Jetzt gibt es aber natür­lich auch Situa­tio­nen, wo sich Ängs­te davor schon fest­ge­fah­ren haben und es schwer­fällt, offen zu kom­mu­ni­zie­ren. In die­sem Zusam­men­hang fällt auch das Stich­wort „Psy­cho­lo­gi­sche Sicher­heit in Teams“. Nico­le, könn­test Du den Begriff ein biss­chen auf­schlüs­seln und erklä­ren, was sich dahin­ter verbirgt?

Nico­le Schog: Das Kon­zept der Psy­cho­lo­gi­schen Sicher­heit ist seit eini­ger Zeit wie­der in aller Mun­de. Goog­le hat dazu eine Stu­die ver­öf­fent­lich, in der der Zusam­men­hang zwi­schen Erfolg und Psy­cho­lo­gi­scher Sicher­heit unter­sucht wird. Es geht dar­um, dass Men­schen den Mut haben müs­sen, krea­ti­ve Gedan­ken zu äußern und Din­ge zu sagen, die nicht zu Ende gedacht sind. Sie müs­sen sich auch trau­en, etwas kri­tisch anzu­spre­chen. Um die­se Räu­me in einem Unter­neh­men zu schaf­fen, ist eine wirk­lich aktiv ent­wi­ckel­te Feed­back­kul­tur das A und O. Nur, wenn es selbst­ver­ständ­lich ist, dass wir posi­ti­ve Din­ge, krea­ti­ve Din­ge, aber auch Kri­ti­sches ein­fach so äußern, füh­len wir uns wirk­lich sicher, etwas Unkon­ven­tio­nel­les wirk­lich auszusprechen.

Bian­ca Geur­den: Und Inno­va­ti­on damit im Team voranzutreiben?

Nico­le Schog: Abso­lut. Denn sonst blei­ben die gan­zen krea­ti­ven Ideen, die viel­leicht auf den ers­ten Blick ein biss­chen unkon­ven­tio­nell wir­ken, ein­fach unaus­ge­spro­chen und brin­gen Pro­zes­se nicht voran.

Mareen Ilg­ner: Es gibt hier auch einen ganz kon­kre­ten Zusam­men­hang mit der Moti­va­ti­on der Mit­ar­bei­ter. Über­tra­gen auf pri­va­te Situa­tio­nen könn­te man sich einen Freun­des­kreis vor­stel­len, in dem ich kei­ne Kri­tik äußern darf. Wie wohl kann ich mich dort füh­len? Oder habe ich eine trag­fä­hi­ge Bezie­hung, in der ich mei­ne Befind­lich­kei­ten äußern kann und die Bezie­hung danach wei­ter­hin besteht? Das kann nicht immer eins zu eins auf die Arbeits­welt über­tra­gen wer­den, aber Bezie­hun­gen soll­ten auch am Arbeits­platz trag­fä­hig sein. Men­schen sol­len sich dort wohl füh­len kön­nen und jeden Tag ger­ne arbeiten.

Bian­ca Geur­den: Sind es gera­de die Situa­tio­nen, in denen man sich nicht wohl fühlt, wo deut­lich wird, dass noch kei­ne posi­ti­ve Feed­back­kul­tur vor­han­den ist? In wel­chen Situa­tio­nen wird grund­sätz­lich deut­lich, dass man dar­an arbei­ten könnte?

Unternehmenskultur, Wachstum, Pflanze

Mareen Ilg­ner: Ja, wir mer­ken ganz häu­fig, dass Unwohl­sein ein Anzei­chen für eine feh­len­de Feed­back­kul­tur in Unter­neh­men ist, vor allem, wenn Kon­flik­te da sind. Es gibt Mit­ar­bei­ter, die sich über Mona­te oder auch Jah­re nicht getraut haben, etwas anzu­spre­chen. Sie haben sich nicht getraut, sich gegen­sei­tig oder der Füh­rungs­ebe­ne etwas zu sagen. Grund dafür ist, dass die Atmo­sphä­re und die Unter­neh­mens­kul­tur dies aus ihrer Sicht nicht her­ge­ge­ben hat. Das scha­det aber nicht nur der Per­for­mance des Unter­neh­mens, son­dern vor allem der psy­cho­lo­gi­schen Befind­lich­keit der Mit­ar­bei­ter. Ein biss­chen fei­ne­re Anzei­chen dafür, dass eine Feed­back­kul­tur viel­leicht nicht ganz so gut aus­ge­prägt ist, ist, wenn

in Form von Geläs­ter und Geflüs­ter unter­schwel­lig viel gere­det wird. In einem gewis­sen Grad ist das natür­lich immer nor­mal, aber es kann ein Zei­chen dafür sein, dass die Men­schen das Gefühl haben, sie kön­nen nicht offen mit­ein­an­der reden.

Nico­le Schog: Was wir häu­fig erle­ben, ist, dass Men­schen das Bedürf­nis haben, sich gegen­sei­tig Feed­back zu geben und das dann über eine iro­ni­sche Art und Wei­se tun. So ver­sucht man, lus­tig ver­packt, dem ande­ren etwas mit­zu­ge­ben, zum Bei­spiel die Sicht­wei­se, die man auf ihn oder sie hat. In Tei­len ist das auch mög­lich und kann Din­ge auf­bre­chen, aber wenn es in eine sehr zyni­sche Kul­tur abdrif­tet, dann kann das ver­let­zen. Unse­re Rol­le ist es dann, auf­zu­fan­gen und zu schau­en, wo man viel­leicht noch Din­ge ver­än­dern muss.

Bian­ca Geur­den: Wie sieht eure Unter­stüt­zung kon­kret aus in einem Pro­zess, wo es das Ziel ist, eine Feed­back­kul­tur zu entwickeln?

Mareen Ilg­ner: Ganz wich­tig ist es für uns erst­mal, eine Ana­ly­se zu machen. Je nach­dem, mit wel­chem Anlie­gen der Kun­de kommt, muss zunächst geschaut wer­den, wel­che Fak­to­ren eine Rol­le spie­len. Viel­leicht gibt es schon Rah­men­be­din­gun­gen. Oft ist ein Mit­tei­lungs­wil­le auch bereits vor­han­den und wir müs­sen nur den ent­spre­chen­den Rah­men schaf­fen. Bei­spiels­wei­se könn­te der Kun­de mit einer Kon­flikt­si­tua­ti­on zu uns kom­men. Dann wird durch die Ana­ly­se klar: Die Feed­back­kul­tur ist der zen­tra­le Dreh- und Angel­punkt. Im Anschluss wird mit dem Team oder sogar mit der gan­zen Orga­ni­sa­ti­on im Rah­men von Coa­chings und Work­shops dar­an gear­bei­tet. Die Anläs­se sind jedoch unterschiedlich.

Oft ist ein Mit­tei­lungs­wil­le auch bereits vor­han­den und wir müs­sen nur den ent­spre­chen­den Rah­men schaffen.
Agen­tur für Freundlichkeit

Nico­le Schog: Was wir zum Bei­spiel auch häu­fig erle­ben, ist, dass die Instru­men­te zum Feed­back geben und neh­men bereits eta­bliert sind. Es gibt Gesprächs­leit­fä­den oder gesetz­te Zeit­punk­te, um Feed­back­ge­sprä­che zu füh­ren. Gleich­zei­tig gibt es aber die Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter, die sich nicht in der Lage füh­len, die­se Instru­men­te zu nut­zen und denen es schwer­fällt, sich aus­ge­wo­gen, kri­tisch und wert­schät­zend aus­zu­drü­cken. Da set­zen wir an, auch wenn es kei­nen Kon­flikt­an­lass gibt. Es geht dar­um, die Men­schen dar­in zu trai­nie­ren und zu schu­len, die all­seits bekann­ten Feed­back­re­geln wirk­lich umzu­set­zen und eine Spra­che dafür zu entwickeln.

Bian­ca Geur­den: Vie­len Dank für das Gespräch, Mareen und Nico­le! An die­ser Stel­le ver­ab­schie­den wir uns und wün­schen Ihnen einen schö­nen Tag.

Zu Ihrem wei­te­ren Inter­es­se an unse­ren Leis­tun­gen zum The­ma Feed­back­kul­tur in Unter­neh­men, kön­nen Sie hier nachlesen.

 

Falls Sie als Leser bzw. Zuhö­rer noch eine Fra­ge zum The­ma Feed­back­kul­tur haben, schrei­ben Sie ger­ne unse­re Trai­ne­rin­nen und Coa­ches von der Agen­tur für Freund­lich­keit in einer E‑Mail an oder berich­ten Sie uns, wie Ihre Situa­ti­on aktu­ell auf die­sem Gebiet aussieht!

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